REGENBLUES 
30.1.18, 19:27
Geposted von Kerstin Seidel

REGENBLUES



Verstellt ist die Sicht auf
nasses Pflaster dort leere
Dosen von Schulkindern
in Pfützen gekickt langsam
untergehen im Rauschen
der Stadt, ein Corpus
der symmetrisch schwingt
überzieht dein Ohr mit Samt
weich wie das Hohl deiner Hand
und doch bleibt da und dort
Rauhes, das nach Rundung ruft
durch den Regen sticht ein Licht
ins Dunkel, ein wirklich alter Stern
kristallisiert zwischen Zweigen,
wenn wir nur den Vorhang zerreißen
wenn wir nur tiefer blicken und weiter

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SONNTAGSSKIZZE 
30.1.18, 19:24
Geposted von Kerstin Seidel

SONNTAGSSKIZZE



Weiße Leinwand
und ein Pinsel
aus weichem Haar
hält meine Hand
ich vermesse
mit ausgestrecktem Blick
wie weit mein Auge Schritt hält
mit den Worten
die wiegen nichts
auf und ich zähle
sieben Berge und
Täler zwischen den Punkten
plötzlich ein Bild

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DER WINTER 
30.1.18, 19:22
Geposted von Kerstin Seidel

DER WINTER



hängt an nichts
als der Schar Flocken
in die Luft geworfen
und niedergesunken
auf die nächste Kurve
A25, verkrümmter Winkel
wo in den Spurrillen
schimmernde Sätze stehen aber
ich, was will ich singen hier?
Der Schnee schmiegt sich
mir um die Beine
öffnet sich, schließt sich
schmilzt schamlos
und das ist alles
genug

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Rauhfaser 
30.1.18, 19:20
Geposted von Kerstin Seidel

RAUHFASER



In fremdem Raum
wohnt möbliertes Ich
wachse wie Wolken
schnell stell die Sätze
vor die Tür denn
zwischen den Zeilen
liegt noch Schnee, wenn du
hier einziehst
schreib deinen Namen
auf das Schild neben
der Klingel bitte deutlich

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NIMM! 
30.1.18, 19:18
Geposted von Kerstin Seidel

NIMM !


Nehmen Sie doch
eine Auszeit gleich
dort drüben neben
der Spur vor der Apotheke,
vor die das Pferd kotzt
oder sie nehmen ein Wechselbad
der Gefühle heute ein Star,
den Morgen keiner rausholt.

Schreiben Sie,
malen Sie,
lesen Sie etwa?

Schon gut, schon gut
ich fick mir ins Knie, wenn
Sie das wollen wird das Kind
sich schon schaukeln bevor
es in den Brunnen fällt

Gehen Sie ruhig
über die Schmerzgrenze
und falls Sie vielleicht doch
eine Marktlücke entdecken
spring ich hinein

und spinne
für Sie Scheiße zu Gold

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Stille Nacht 
7.12.17, 06:30
Geposted von Kerstin Seidel

STILLE NACHT



Wir sind schließlich raus
aus dem Alter
keine Holzwege
kein zu Kreuzekriechen mehr
Schweiß und Tränen,
längst vertagt auf später
die Bedeutung des Klopfen
an der Wand, Schattenwelt
glaziales Glühen zumal ebenso
wie das Zertreten der Zigarette
ein Akt der Hilflosigkeit
die grassgrelle Nacht der Stadt
in Lichterketten gefangen
diese Stille vor dem Sturm

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Abfahrt 
6.12.17, 21:18
Geposted von Kerstin Seidel

ABFAHRT



Neuallermöhe-West,
die verblockten Häuserfronten
im Krieg, die Türen vernagelt
die Kinder auf der Flucht
vor der Welt bis zum Bahnhof
nach Hamburg ganztags arbeiten
gehen die Mütter mit Vanilleduft,
in schwarzer Strumpfhose blickdicht
wie die Nacht aus Granulat,
das knirscht zwischen
zusammen gebissenen Zähnen
das Lachen der Männer
über gefallene Biografien bis
zur nächsten Polizeikontrolle
halten sie zusammen

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Hell sehen 
6.12.17, 21:15
Geposted von Kerstin Seidel

HELL SEHEN



Manchmal sehe ich dein Denken,
das den Himmel löscht
mit weißer Hitze
meine Schattenseite mir hellt –
dass ich sie werfen kann
hinter das Licht

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Aufbruch 
6.12.17, 21:12
Geposted von Kerstin Seidel

AUFBRUCH



Ich packe all meinen Mut
zusammen und das Nötigste
und mache Listen
was ich noch erleben muss
dann gehe ich zum Bahnhof
vergewissere mich
dass die Züge noch fahren und
beobachte alle, die tatsächlich
wegfahren ich suche
nach bekannten Ankunftsorten
und wenn ich zurück komme,
weiß ich nicht wo ich hin wollte

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Weihnachtsmarkt 
6.12.17, 21:09
Geposted von Kerstin Seidel

WEIHNACHTSMARKT



Im Schatten der Betrunkenen
auf den Straßen eisiger
Abend mit dem Glitzern
im Auge, die Mammonjäger
eilige Schritte im Takt
aus dem Lautsprecher tönt,
„Last Christmas“ zaubert
Lächeln, Massenmimik
im Getümmel das Klingeln
der Kassen erbeutete Trophäen,
neben dem Karussell steht
die Sprachlosigkeit der Väter,
ihre Speere sind sternförmig
ein Surren von Sehnsucht
ist über dem Markt fallen
die Feinde ein, Mütter
kaufen sich glücklich

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