Blau 
16.10.22, 15:04
Geposted von Kerstin Seidel

BLAU



Ahnungsloses geblümtes Gras abgekaute Halme,
diese Habgier
bis zum Horizont trägt die Erde ihre
Narben unter der Haut,
aber Baumbestände am Deichrand,
wertvolle Buche, Holz schwimmt
immer oben bleibende Wärme,
abbaubarer Rohstoff für Ruhezeit
das Bild fällt aus dem Rahmen
liegen wir plötzlich gehäutet,
rindenloses Rückgrat,
papierdünne Randerscheinungen, wir,
blaue Bruchteile im Weiß der Wolken
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Flüsterer 
3.10.22, 20:07
Geposted von Kerstin Seidel

Der Flüsterer



Das kannst du nicht,
das schaffst du nicht,
du bist ja noch ein Kind,
das Leben ist ein Kriegsgericht
für die, die Kinder sind.

Das kannst du nicht,
das kriegst du nicht,
du bist doch noch so klein,
im Dunkel ist kein Licht,
für dich bleibt schöner Schein.

Das kannst du nicht,
das darfst du nicht,
du bist doch so naiv,
das Volk, das liebt es schlicht,
erstick den Mut mit Mief,

Das kannst du nicht,
das weißt du nicht,
du bist ja so dumm,
der Kluge denkt bevor er spricht,
drum sei du schön und stumm.
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Grau 
2.10.22, 12:26
Geposted von Kerstin Seidel

GRAU



Schwere, undenkbare Sterne,
wie von Norden heranrollende Steine,
brennende Blitzkasskaden
auf zerrissenen
Blickfangvorrichtungen,
die sich in die Realität bohren,
zermahlen etwas in uns,
hier ist der Ort, wo
das Schlafzimmer der Mutter
geparkt wird und das kranke Kind
hinter der Tür lernt, Hinweise zu deuten,
im Dunkel ist keine Leere,
im Dunkel ist Eis,
in den Ecken des Zimmers
stehen erstarrte Engel und
flüstern mit zitternden Stimmen
Gebete ins gewaltige Grau
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Tatsachen  
25.9.22, 08:35
Geposted von Kerstin Seidel

TATSACHEN



Ich bin das Papier,
nicht der Stift,
Ich bin das Da!,
nicht das Wo?,
Ich bin das Bier,
nicht das Gift,
Ich bin das A,
nicht das O,

Ich bin der Dorn,
nicht die Rose,
Ich bin der Traum,
nicht der Tag,
Ich bin der Rock,
nicht die Hose,
Ich bin der Baum,
nicht der Sarg,

Ich bin der Bote
nicht die Kunde,
Ich bin das Eckig,
nicht das Runde,
Ich bin der Zeiger,
nicht die Uhr,
schreibe Verse immer
Oder schlimmer,
sage, was ich denke nur
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Am Morgen  
22.9.22, 12:24
Geposted von Kerstin Seidel

AM MORGEN



Der Fluss hat seinen Blick verschleiert
doch steht er
am allerklarsten an den Stränden
geöffneten Auges im Grün.

Die Stadt ist näher getreten
vielleicht senkte ich doch meine Augenlider
in der Nacht fließen Linien zusammen,
am Morgen singt der Vogel schöner
durch die Augen hindurch,
wenn das Licht Blüten unter
die Netzhaut sticht.
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Gegen die Zeit  
18.9.22, 08:42
Geposted von Kerstin Seidel

Gegen die Zeit



Du siehst mit deinen Händen
nichts geht verloren, alles ist
ein endlicher Punkt, Wendepunkt,
dort ist der Himmel geräumig,
den Uhren entrückt,
einen Gedanken lang- lichtschnell,
schwarz spürst du die Zeit
ist der Himmel, der dem Auge enteilt,
geräumiger Ort für Ohren und Herzen und solche,
die rückwärts gehen

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Sommer  
21.8.22, 15:50
Geposted von Kerstin Seidel

SOMMER



Auf der Wiese wächst die Sonne
als Strauch
eine Explosion von
Grellgelb und Blütenstaub Ameisen
tragen die glitzernden Blätter in den Wald
und es entstand diese Lichtung
auf der Bäume ins Blau atmen
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Vergessen  
16.8.22, 09:16
Geposted von Kerstin Seidel

VERGESSEN



Im Zenit der Sonne ist der Strand
eine Wüste: Ort
für die Fugen aus Farben und Licht,
in denen wir Staubkörner

tanzen sehen, unsere Sinne
verschwimmen, weichgezeichnete
Blicke aus Buchseiten, deren Bedeutungen
pendeln im Rhythmus der Rezeptoren
eingetragen in

den Seiten der Zeit, bist du Grünling
und Greis, Staub eines Buch-
rückens, der von Regalen rieselt
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Sommer  
15.8.22, 08:45
Geposted von Kerstin Seidel

SOMMER



Die Sonne,
ein durch die Zweige ziehender,
berückender, heller Ton,
ein weißgewaschener Morgen,
gleißendes Wolkenglimmen,
die Häuser noch still im Schatten
und wenn man den Atem anhält
ist der Himmel ein Lächeln in Licht,

Ich will mich lüften,
mein Blut spürt die Bewegung von Vögeln,
Stille, Worte wiegen nichts
auf, bemalte Blätter sind wir
am Baum stagnieren Fragen, Zeichen
streichen meine Finger über
rindenrauhe Haut und heilen
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ZUHAUSE 2: EIN ORT  
30.7.22, 08:46
Geposted von Kerstin Seidel

ZUHAUSE 2: EIN ORT



Jetzt wagen sich die Gespensterbäume
in die begrenzte Landschaft
lockend mit der Müdigkeit
von Menschen deren Atem voller
Abenteuerlust ist,
die Wiesen scheinen
wie seltsame Gewölbe
klingen in Moll, rufen nach
empfindsamen Sohlen jetzt
wäre selbst in der Stadt etwas wie
Stille möglich doch dunkel wird es
nie ganz und es ist immer ein Flattern
über dem Fluss die Wasser
murmeln Zaubersprüche in die leeren Straßen,
streuen kaltes Licht über die
Entladerampen, heben Türen
aus den Angeln, vergolden
die mächtigen Brückenpfeiler,
es ist ein trauriges Märchen
in diesem Licht ohne Möwenschreie,
ohne trügerisches Rot,
ohne Orange, alle Farben
verschwimmen im Grau der Dämmerung
als würden sie einander an den Fingern fassen,
um sich der Landschaft
zu bemächtigen, sie zu trösten,
diese Landschaft, die keine Landschaft mehr ist eher:
ein Ort
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