Engstirnig  
9.4.20, 10:24
Geposted von Kerstin Seidel

ENGSTIRNIG



Den Brustkorb
an seinem Henkel tragen
die Herzkammer geöffnet
mit der rechten Hand
den linken Rippenbogen spannen
die Lippen geschlossen
das Wort auf der Zunge zergangen
dabei
das eigene Vordertürchen
verschlüsselt wissen
aber
rücklings einen Fuß in die Tür stellen
und sowieso den Hals
immer voll haben


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Freund 
8.4.20, 11:51
Geposted von Kerstin Seidel

FREUND



Alles verlier ich
am Meer
das raunend alle
meine Geheimnisse trägt
wie ein Freund
bleiben salzige Spuren
auf meiner Haut
ist keine Liebe stärker
und kreisen seine kühlen Lippen
um mein waches Ohr
halt ich die Stille
zwischen dünnen Fingern
sein Rauschen ist der Sinn
aller meiner vielen Worte
mit denen ich in Betonwüsten
voller Hoffnung
Leben gieße
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Heilung 
8.4.20, 11:43
Geposted von Kerstin Seidel

HEILUNG



Es wandelte nicht der,
der auf der Trage lag,
sondern die,
die ihn hinein trugen
Auf ihren tauben Schultern,
den eingefleischten Schmerz
im gebeugten Rücken,
Die Griffe der Bahre schlüpfrig
vom Schweiß und sie ließen nicht nach,
hoben ihn empor unters Dach,
Zurrten ihn fest, standen und warteten
dass der Schmerz der Seile schwindet
in den Händen die Wunden und
Unglaube verging, jene die ihn
schon immer kannten,
werden Wunder sehen
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Bizarr 
8.4.20, 11:37
Geposted von Kerstin Seidel

BIZARR



Krankenhausangst
als Kind in kathedralen Fluren
zurückgelassen in multiplen Mutationen
artifiziell genormte Gene gerinnen zu Gift
metallisch alles zersetzt zu schlechtem Plasma
eines Plastiktütentraums virtuell
fortgepflanzt, der nicht erwacht
von Zukunft und Vergangenheit intubiert,
in kränklichen Himmelüberflutungen von Gelb,
mit hyperkinetischer Selbstzurücknahme
am bösen Ende der Imitation, im Atembehalten,
in einer unterseeischen Unwirklichwelt
schwimmend, die Ausschüttung
in Wellen, in atmosphärischen
Schlieren, schwebend, sehr hoch
die Sterne strahlen noch

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Hoffnung 
8.4.20, 11:34
Geposted von Kerstin Seidel

Die Hoffnung setzen



in weiche Erde tief
die Angst streichen
in der Farbe
reifer Aprikosen
gegen das Aufblühen
des Grams,
ihm beizukommen suchen
mit dem Keimen
bestätiger Träume
auf einem Weg
über holprige Steine,
die sich sträuben
gegen geordnete
Schritte mögen Füße andrer
leichthin reden und reden
maßgeschneiderte Muster
ins geschliffene Parkett,
ein Tanz aus der Reihe jetzt du
Figuren formen aus Lehm
mit lachenden Mund singen
vorm Morgen mit aufgeschlagenen
Knien endlich den Zufluchtsort erreichen:
HEIMAT
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Lüneburg trotzt Corona 
8.4.20, 11:32
Geposted von Kerstin Seidel

LÜNEBURG



Gassen gepflastert
und gekrümmt, ein kleiner Hof pro Haus in jeden Schattenumriss
packen Kirchenglocken ab und zu Echos gießen üppige Oktaven hinaus,
ab und zu schaut eine Elster vorbei
und stiehlt Stacheldraht aus den Türmen tropft Tageslicht in die Gassen sogar im Treppenaufgang der St. Nicolai nächtigen Obdachlose
hören hektische tiefe Wolken nicht auf,
uneinhaltbaren Terminen nachzujagen laut lamentiert eine Sirene hetzt
ein Rettungswagen im Zickzack vorbei
und versucht, Ränder zusammenzunähen, die wahrscheinlich nicht halten was Heute
versprochen wurde hat die Ilmenau
immer gehalten ihre Ufer sind sonnenhungrig grün noch ist es nicht
Sommer im Sandkasten spielt kein
Kind stumm die Stadt schläft mittags
in’s Mittelalter zurück gekehrt die Welt
wartet auf das Wunder
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FREUDE 
29.2.20, 13:18
Geposted von Kerstin Seidel

FREUDE



Die Sonne
wärmt meine nackte Seele
glückliche Gedanken
streicheln mein Herz
küsst ein Lächeln
in diesen Tag und
erfüllt mich
mit purer Freude

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ERFÃœLLT 
29.2.20, 13:15
Geposted von Kerstin Seidel

ERFÃœLLT



Gute Frauen, heilen andere,
böse Frauen verletzen sich selbst,
sie passte da nicht rein,
in keine Schublade,
sie tanzte auf leiser Sohle
wie ein Staubkorn im Scheinwerfer
und dann ihr Augenaufschlag
durchdringend wirft sie
eine handvoll Blicke in den Raum,
ihre Hände umringt von Silber
und ihr Kleid, ein mit Licht
sich füllendes Gewebe
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ZIMMERTEMPERATUR 
29.2.20, 13:12
Geposted von Kerstin Seidel

ZIMMERTEMPERATUR



Zeigefingerzenit
am Himmel aufgeflogen
die Sonne im Wir
bettbezogen hinter dem Fenster
frischbezogen
das Grün
Von nahfern
ziehen Windpeitschen
akustische Striemen
durch den Nachmittag
Daliegen
an einen Nesthalm nur geklammert,
wir die größte Ambition nichts
werden wollen
Das Zimmer paßt in ein Setzkastenfach,
im Sand der Sanduhr
ein Sturm gegen die Zeit
steht still
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MASSAKER 
29.2.20, 11:58
Geposted von Kerstin Seidel
Hanau!

MASSAKER



Gedanken vergiftet
hinter Masken das
Mitleid abgelegt
Masse verachtend sich selbst
Hass im Spiegel schwarz
sehen Träume totreden
Parolen schlachten die Wahrheit
Worte würgen die Würde
des Menschen stirbt in der Stille
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