Halbe  
27.11.21, 20:29
Geposted von Kerstin Seidel

HALBE



Unsere Leben zeugen sich im Zwielicht,
koexistieren, mein Schon und dein Noch
mein Mehr und dein Weniger berühren Worte
ohne den Mund zu schließen atmen wir
den Mond zur Ruhe deiner Sonne
leuchtet heller als
die Summe aller meiner Sterne
aller meiner Nächte
nach dir nordet sich mein Herz
schlägt zur Hälfte in dir
zu jedem Zeitpunkt träumt die Hälfte
meiner Nervenzellen nur einhändig
nur einbeinig humpeln unsere Herzen
unter unseren Füßen schmelzen alle Mittelstreifen
es macht nichts denn wir humpeln fließend
gegen den Strom sind wir die Nachtzügler
im Restlicht lieben wir uns
mit den wachen Hälften unserer Hände
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Absicht 
20.11.21, 07:48
Geposted von Kerstin Seidel

ABSICHT



Sie haben keinen Schatten,
marschieren in fremden Spuren in
Eiseskälte und wiederholen
sich selbst bis zum Ende
des Weges ist es noch weit,
dort der morgenweise Stern,
wer weiß wie lange er leuchtet
angesichts der getöteten Kinder
versteck dich in deiner Krippe
Unschuld wird gejagt von diesen
verbundenen Augen ausgeschlossen,
dass wir je wieder leben können
als wäre unser Leben ein Zufall
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Elbe  
20.11.21, 07:47
Geposted von Kerstin Seidel

ELBE



Wolkenverhangener Himmel
am Ufer wölben Äste
über dem Wasser,
die langen Finger gestreckt
greifen weit hinaus und halten
den Fluss in seinem Bett
liegt das Licht hinter dem Horizont
nicht glatt, sondern fein gefaltet
unter betenden Händen
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Abend am Platz  
19.11.21, 10:20
Geposted von Kerstin Seidel

ABEND AM PLATZ


Zwischen Haus und Strand
steht die Stunde in kleidsamem Rot
fällt das Licht in die Straße
ein paar Schritte zwischen Haus
und Haus,
bevor der Abstand sich hält
werden die Bilder langsamer
durch die Luft
geht ein erträgliches Summen
leises Abklingen der Arbeit,
keine Glocke läutet
für die Flugmanöver der Möwen,
die letzte Runde der Hundebesitzer,
das bisschen Tag,
das noch in Zäunen hängt, wie
der Trugschluss
einer geschlossenen Tür,
vor dem das Licht bloß
Schatten findet und
hinter den Fenstern: Fernseh-
Flimmern der blauen Leitsterne,
braune Einbauküchen und
ich kehre zurück
vor Sendeschluss
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KONJUNKTIV  
5.11.21, 06:47
Geposted von Kerstin Seidel

KONJUNKTIV



Wenn ich wollte,
könnte ich lauthals singen
könnte Steine zum Tanzen bringen

wenn ich wollte,
könnte ich Gipfel stürmen
könnte Wolken zu Bergen türmen

wenn ich wollte,
könnte ich Blinde heilen
könnte Meere zur Mitte teilen

wenn ich wollte,
könnt ich nicht mehr können
meinem Wollen, Ruhe gönnen
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Vorher  
24.10.21, 10:59
Geposted von Kerstin Seidel

VORHER



Eine Ahnung von Winter
im Rücken die Herbstsonne,
bernsteinfarbene Bilder,
die Bäume blättern Gold, wir könnten
Himmelskörper werden noch
sind wir nicht sichtbar,
bestäuben Träume,
ein Bienenpaar
mit buntem Pulver im Pelz
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Wirkliche Wärme  
17.10.21, 09:24
Geposted von Kerstin Seidel
Für Kurt:

Wirkliche Wärme



Deine Worte bewohnen
mein Herz hell
im Licht der Laternen wirft
deine warme Haut
weiche Schatten,
nach Feierabend
wartet mein Mund
trägt dein Lächeln süße
Früchte auf dem Tisch
stehen Astern duften golden
gleiten die Bilder am Fenster
vorbei ziehen die Jogger
über dem Deich verfängt sich
der Wind in den Bäumen
haust Herbst
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Morgenluft  
16.10.21, 08:11
Geposted von Kerstin Seidel

MORGENLUFT



Sie sitzt im Laub
ihrer Träume bedeckt
mit Moos und schaukelt
ohne Betreff ist sie nur
schön wie ein Baum
Blätter außer Dienst fallen
mit freundlichen Farben
sieht sie: Mein und Dein
ist ein Netz aus Federn
es verfliegt die Schwere
in der Brust, die Stahlrüstung
bespannt sie mit Luftfäden
jetzt ist nichts mehr da,
zerfallen wie Distelköpfe
am Wegesrand wittern
gegerbte Gedanken
Morgenluft
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Spurlos  
2.10.21, 10:45
Geposted von Kerstin Seidel

SPURLOS



Endlich stoppen die Stunden
und es hört auf Erde zu regnen,
wir besorgen Brot und Wein
und feiern den Abend
ein kleines Fest unter
dem Halbrund des Mondes
müde vom Gehen in
zu großen Schuhen steht
der Fuß in der Tür und wir
sehen hinein was draußen bleibt
sind die Fußstapfen, zertretene
Blätter, unsere Haltestellen
verschwinden im Rasen
legen Apfelbäume
Sternbilder aus Fallobst
mit erloschenen Sorten,
die noch leuchten
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Im Laubregen 
24.9.21, 19:05
Geposted von Kerstin Seidel

Im Laubregen



tanzen und die Wolken an der Schnur ziehen,
um hinter die Sonne zu kommen,
ein Vorschuss an Licht hier
und dort habe ich es schon
angekündigt als verlockendes Angebot an jemanden,
der zum Schlafen die Uhr auszieht,
aber die Zeiger leuchten weiter
im Dunklen habe ich den Traum verstaut
in einem anderen Tag
bin ich der erste Mensch und
ich erfinde Geräusche, ich gehe zurück
in die erste Zeile und ändere
die Worte vom Küchenfenster aus
werfe ich einen Schatten auf die Wand
hat Ohren und belauscht
den Schlaf nichts geht mehr
Haarrissen gleich, feine Fissuren im Flurfenster
während die Gedanken stillstehen,
ein Spiegel der Zeilen,
müde vom Erzählen des Regens
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